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Mini-Jahressteuergesetz kurzfristig beschlossen

Aus einem Anpassungsgesetz mit primär redaktionellem Charakter ist kurz vor der Verabschiedung ein echtes Steueränderungsgesetz geworden.

Ursprünglich sollte das "Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" nur redaktionelle Anpassungen sowie die notwendigen Änderungen des Steuerrechts für den EU-Beitritt Kroatiens enthalten. Doch was Bundestag und Bundesrat nun noch kurz vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet haben, ist ein regelrechtes Mini-Jahressteuergesetz, das gleich mehrere wichtige Änderungen im Steuerrecht enthält.

  • Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen: Wichtigste Änderung ist die Rückgängigmachung der erst im Februar durch ein Urteil des Bundesfinanzhofs geänderten Verfahrensweise bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen an Bauträger. Die Änderung tritt zum 1. Oktober 2014 in Kraft.

  • Steuerschuldnerschaft bei anderen Lieferungen: Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wird ab dem 1. Oktober 2014 ausgedehnt auf die Lieferung von Edelmetallen, unedlen Metallen sowie von Tablet-Computern und Spielkonsolen.

  • Hörbücher: Für Hörbücher gilt ab dem 1. Januar 2015 wie für gedruckte Bücher der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 %. Weil aber im Steuerrecht eine neue Regel ohne Ausnahme nur schwer denkbar ist, sind Hörspiele und per Download bezogene Hörbücher ausgenommen. Für diese gilt weiter der Steuersatz von 19 %.

  • Mini-One-Stop-Shop: Ab dem 1. Januar 2015 gilt für elektronische Dienstleistungen grundsätzlich der Sitz des Kunden als Leistungsort. Telekommunikationsleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen werden dann immer in dem Land besteuert, in dem der Kunde ansässig ist, unabhängig davon, ob es sich um einen Unternehmer oder einen Verbraucher handelt. Damit Anbieter nun nicht in sämtlichen EU-Ländern Steuererklärungen abgeben müssen, wird ein sogenannter Mini-One-Stop-Shop geschaffen, über den beim Bundeszentralamt für Steuern alle in den EU-Staaten abzugebenden Erklärungen eingereicht und die fälligen Steuern entrichtet werden können.

  • Mindestbemessungsgrundlage: Für eine verbilligte Lieferung oder Leistung an Mitarbeiter oder andere nahe stehende Personen richtet sich die fällige Umsatzsteuer nach den für das Unternehmen entstandenen Kosten, soweit diese höher sind als das gezahlte Entgelt. Künftig werden die Kosten höchstens mit dem marktüblichen Entgelt angesetzt, es sei denn, das tatsächlich gezahlte Entgelt ist höher.

  • Steuerbefreiungen: Verschiedene Leistungen werden von der Umsatzsteuer befreit. Dazu gehören bestimmte Arbeitsmarktdienstleistungen, Leistungen zur Kinderförderung und die Überlassung von Personal für geistigen Beistand. Bei der Gewerbesteuer werden Einrichtungen zur ambulanten Rehabilitation steuerfrei gestellt. Auch bei der Einkommensteuer gibt es eine marginale Erweiterung der Steuerfreiheit, nämlich für Unfallentschädigungen für Beamte und für staatliche Aufwandsentschädigungen.

  • Lohnsteueranmeldung: Ab 2015 wird die Grenze für eine jährliche Lohnsteueranmeldung von 1.000 Euro auf 1.080 Euro angehoben. Die jährliche Abgabe können dann auch Arbeitgeber nutzen, die eine Aushilfe mit einem Monatslohn von 450 Euro beschäftigen und die pauschale Lohnsteuer von 20 % zahlen.

  • Lohnsteuerabzug: In den Vorschriften für den Lohnsteuerabzug werden kleinere Änderungen vorgenommen, die hauptsächlich dazu dienen, den Lohnsteuerabzug besser an das Ergebnis einer möglichen späteren Steuerveranlagung anzupassen. Dazu werden unter anderem kleinere Abweichungen vom vorgegebenen Programmablaufplan für eine maschinelle Berechnung zugelassen und die Tarifermäßigung für Entschädigungen und Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten künftig bereits beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt.

  • Einschränkung der Günstigerprüfung: Arbeitnehmer müssen nur dann eine Steuererklärung abgeben, wenn sie neben dem Arbeitslohn mehr als 410 Euro an steuerpflichtigen Einkünften haben. Gibt ein Arbeitnehmer mit niedrigeren Nebeneinkünften eine freiwillige Steuererklärung ab, zieht das Finanzamt diese Bagatellgrenze vom Gesamteinkommen ab. Effektiv konnten damit Arbeitnehmer mit Kapitaleinkünften die Bagatellgrenze zusätzlich zum Sparer-Pauschbetrag nutzen, indem sie eine Günstigerprüfung beantragten und sich damit die einbehaltene Abgeltungsteuer erstatten ließen. Ab 2014 wird dieser Härteausgleich nun für Kapitaleinkünfte ausgeschlossen.

  • Gebrauchte Lebensversicherungen: Durch den Verkauf einer Lebensversicherung verliert die Versicherung in der Regel den Zweck der Risikovorsorge. Die Leistungen aus gebrauchten Lebensversicherungen sind daher ab diesem Jahr steuerpflichtig. Anlagemodelle, die auf den Kauf von gebrauchten Lebensversicherungen setzen, verlieren dadurch an Attraktivität. Ausgenommen von der Steuerpflicht ist nur der Kauf einer Police durch die versicherte Person von einem Dritten, zum Beispiel vom Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sowie Übertragungen aus erb- oder familienrechtlichen Gründen.

  • Kapitalerträge: Verschiedene Vorschriften zu Kapitalerträgen und zur Kapitalertragsteuer wurden ergänzt. So wird die Sonderregelung zur Kapitalertragsteuererstattung aus verbrieften Dividendenansprüchen auf unverbriefte Ansprüche erweitert. Auch die Vorschriften zu einbringungsgeborenen Anteilen und zum Dividendenstripping wurden überarbeitet. Außerdem wird die Mutter-Tochter-Richtlinie auf Kroatien erweitert.

  • Handel mit Fremdwährungsbeträgen: Für den Handel mit Fremdwährungsbeträgen wird wieder die Fifo-Methode eingeführt, weil sich die seit einigen Jahren geltende Durchschnittswertmethode als nur schwer handhabbar erwiesen hat.

  • Organschaften: Im Körperschaftsteuergesetz wird eine Anwendungsregelung zu Gewinnabführungsverträgen mit ausländischen Organträgern an die Änderungen durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts angepasst.

  • Umstrukturierungen: Bei der Grunderwerbsteuerbefreiung für Umstrukturierungen im Konzern wird rückwirkend klargestellt, dass die Steuerfreiheit auch für Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nach dem Recht eines anderen EU- oder EWR-Staats gilt.

  • Wegzugsbesteuerung: Eine Änderung soll ein Gestaltungsmodell unterbinden, bei dem vor einem Wegzug ins Ausland Anteile an einer Kapitalgesellschaft aus dem Privatvermögen ins Betriebsvermögen einer GmbH & Co. KG eingebracht wurden, um die Besteuerung stiller Reserven zu umgehen. Die Änderung gilt für Umwandlungen ab dem 1. Januar 2014.

  • Riester-Rente: Die Anbieter von Riester-Verträgen müssen der zentralen Meldestelle künftig bestimmte Daten mitteilen, wenn die Auszahlung nach dem 31. Dezember 2016 beginnt. Außerdem werden Regelungen zum Wohn-Riester angepasst. So werden nun auch die Beiträge und Tilgungsleistungen im Jahr eines beruflichen Umzugs einbezogen.

  • Unterhaltsleistungen: Zur Verhinderung von Missbrauch bei Unterhaltsleistungen können Unterhaltszahlungen ab 2015 nur noch dann abgezogen werden, wenn die Steueridentifikationsnummer des Unterhaltsempfängers angegeben wird. Der Unterhaltsempfänger ist verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden seine Steueridentnummer zu nennen. Weigert er sich dennoch, kann der Unterhaltsleistende die Nummer beim Finanzamt erfragen.

  • Kindergeld: Der Katalog an Freiwilligendiensten, die den Anspruch auf den Kinderfreibetrag oder Kindergeld ermöglichen, wird um den Dienst nach dem "Erasmus+"-Programm erweitert.

  • Gemeinnützigkeit: Verwendet eine Stiftung oder ein Verein Mittel nicht innerhalb des gesetzlich dafür vorgeschriebenen Zeitrahmens, kann das Finanzamt eine Nachfrist zur Verwendung setzen, mit deren Einhaltung die tatsächliche Geschäftsführung wieder als ordnungsgemäß gilt. Diese Regelung war versehentlich gestrichen worden und wird nun wieder eingeführt.

  • Zigaretteneinfuhr: Seit dem 31. Juli 2014 dürfen Privatpersonen für ihren eigenen Bedarf aus Kroatien statt der bisher möglichen 800 Zigaretten nur noch 300 Zigaretten steuerfrei nach Deutschland mitbringen. Für Zigaretten aus den Ländern Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Lettland und Litauen gilt die Mengenbeschränkung von 300 Stück bereits seit Anfang des Jahres.

  • Redaktionelle Änderungen: Neben den oben genannten Änderungen enthält das Gesetz noch viele kleinere Änderungen, die in erster Linie redaktionellen Charakter haben, beispielsweise was die Reisekosten nach der Reisekostenreform angeht. Außerdem wird einer der längsten Paragrafen des Einkommensteuergesetzes konsolidiert und neu gefasst, in dem die zeitliche Anwendung sämtlicher Änderungen geregelt ist.